Mathematik und Sprache


Die Verbindung von Mathematik und Sprache hat zwei Seiten: Mathematik als Sprache und Mathematik und Umgangssprache. Diese Verbindung von Mathematik und Sprache ist in den vergangenen Jahrzehnten sehr dürftig geworden. Eine wunderbar treffende Charakterisierung der Reduzierung auf die Fachsprache stammt von H. M. Enzensberger.

Gelegentlich wird zwar deklamiert, das Buch der Natur sei in der Sprache der Mathematik geschrieben. Aber Mathematik als formale Sprache, als weitere Fremdsprache gewissermaßen, wird im Unterricht kaum thematisiert. Auch auf Probleme durch unterschiedliche Bedeutung von Begriffen im Fach Mathematik und im Alltag wird so gut wie gar nicht eingegangen.
Die Verbindung von Umgangssprache und Mathematik ist in der Schule praktisch nicht mehr existent. Der noch vor Jahrzehnten gängige mathematische Aufsatz ist durchgängig aus den Lehrplänen verschwunden. Mathematik-Arbeiten sind weitgehend sprachlos geworden und bestehen oft nur aus einer mehr oder weniger nachvollziehbaren Ansammlung von Formeln und Gleichungen.

Demgegenüber hat es in den letzten Jahren vereinzelt, aber doch durchaus beachtet Neunansätze gegeben. Sie waren in der Anfangsphase mit den Namen Gallin und Ruf verbunden. Von ihnen wurde in den 80-er Jahren in der Schweiz ein fächerübergreifendes Projekt Mathematik-Deutsch entwickelt, in dem mathematische Reisetagebücher geschrieben und mathematische Geschichten zu Textaufgaben erfunden wurden. Ein Projekt "Mathematik erzählen" erhielt 1996 einen Cornelsen-Förderpreis.
In den neuen Mathematik-RL für die Sekundarstufe II in NRW gibt es eigene Abschnitte zum Umgang mit mathematischen Texten und zu Sprache im Mathematikunterricht.

Ein gängige Befürchtung ist, dass mit der zunehmenden Verbreitung von Computern die Sprachlosigkeit des Mathematik-Unterrichts noch weiter eskalieren werde. Dies ist bei einem sinnvollen Computer-Einsatz nicht nur unbegründet, sondern es wird (kann) geradezu das Gegenteil eintreten. Dadurch, dass Computer-Programme den Unterricht von numerischem und algebraischen Ballast entlasten können, ergibt sich die Möglichkeit (und Notwendigkeit), über die mathematischen Aktivitäten zu reflektieren und am Ende von längeren Computer-Arbeitsphasen eine Zusammenfassung und Rückschau zu formulieren, die sich nicht in mathematischen Details verliert, sondern die Grundgedanken und wesentlichen Schritte herausarbeitet!
 

Literaturtipps


© Elschenbroich, Mathe-Werkstatt 03/2001